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title: Der Analoge Lorenz-Attraktor
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## Einführung
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Der Meteorologe Edward Lorenz hat 1963 am MIT aus einem Wettermodell
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ein System aus nichtlinearen Differentialgleichungen entwickelt.
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Das war das erste einfache System, das chaotisches Verhalten gezeigt hat,
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das heißt beliebig kleine Änderungen des Anfangszustandes führen
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zu großen Änderungen im Verhalten, so dass das Verhalten dann
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ab einem bestimmten Punkt nicht mehr vorhergesagt werden kann.
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Der Zustand des Systems besteht aus drei Variablen x, y und z,
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was man sich als einen Punkt im dreidimensionalen Raum vorstellen kann.
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An jedem Punkt im Raum bewegt sich der Zustand
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mit einer bestimmten Geschwindigkeit in eine bestimmte Richtung.
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Mathematisch schreibt man das als drei Differentialgleichungen
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dx/dt = s⋅(y-x)
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dy/dt = r⋅x-y-x⋅z
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dz/dt = x⋅y - b⋅z
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mit Parametern s=10, r=28 und b=8/3.
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dx/dt ist die Geschwindigkeit in x-Richtung, dy/dt und dz/dt entsprechend
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in y- und z-Richtung.
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Der Zustand bewegt sich dann nach kurzer Zeit nur noch in einer
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zweidimensionalen[^2dim] Fläche, dem Attraktor.
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Die Fläche ist kompliziert geformt, sie spaltet sich in zwei Teile und
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läuft dann nach einer Rechts- oder Linkskurve übereinander wieder zusammen,
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ähnlich wie Blätterteig gemacht wird.
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An der Stelle, wo die Fläche sich spaltet, entscheiden kleinste Änderungen,
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ob es nach rechts oder nach links geht.
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Außerdem werden kleine Unterschiede bei jedem Umlauf größer.
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<p>
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<video width="100%" controls>
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<source src="{{site.url}}/media/projects/analog-lorenz/LorenzAttractor_720p30_diverge_2.mp4" type="video/mp4">
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Ein mit Manim erzeugtes Video, dass den Lorenz-Attraktor von einer
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sich um den Attrakor herum drehenden Kamera aus zeigt.
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</video>
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</p>
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Im Video startet das Lorenz-System mit zwei Zuständen,
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die nur einen Abstand von 1/1000 in Z-Richtung haben.
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Dort wo sie übereinander liegen, verdeckt die grüne Linie die blaue.
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Das Video wurde mit [Manim](https://www.manim.community/) erzeugt,
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mit [diesem Quellcode](https://git.chaospott.de/starblue/manim-lorenz).
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[^2dim]: Tatsächlich gibt es noch winzige Abweichungen von der Fläche,
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je nachdem in welcher Folge der Zustand vorher rechts- oder linksherum
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gelaufen ist.
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Deshalb hat der Attraktor eine etwas höhere fraktale Dimension
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(ca 2,05), je nach Parametern und verwendeter Definition von Dimension.
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## Die Schaltung
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Die Schaltung wurde frei nach [dieser Schaltung](http://seti.harvard.edu/unusual_stuff/misc/lorenz.htm)
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von Paul Horowitz gebaut.
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Es ist ein Analogrechner, der die Bahn des Lorenz-Systems in Form
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von drei Spannungen berechnet.
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Dabei werden die reinen Zahlen in physikalische Größen übersetzt:
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- x, y und z entspricht den Ausgangsspannungen der Operationsverstärker in Volt,
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wobei der Ausgang für y negiert ist.
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- Die Parameter im Lorenz-System werden durch Widerstände realisiert.
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Wenn man jeweils den Kehrwert des Widerstands, d.h. den Leitwert, betrachtet,
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entspricht 1 einem Mikro-Siemens (1µS = 1/1MΩ).
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- 100kΩ entspricht 10µS für den Parameter s.
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- 35,7kΩ entspricht 28µS für r.
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- 374kΩ entspricht 2.68μS ~ 8/3μS für b.
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- Am negativen Eingang der Operationsverstärker werden
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die durch die Widerstände skalierten Ströme addiert
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und die Summe dann im Kondensator integriert.
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Aus Verfügbarkeitsgründen haben wir einige Bauteile durch andere ersetzt,
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die aber die gleiche Funktion haben:
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- Für die Analog-Multiplizierer verwenden wir zwei AD633N im DIP-8 Gehäuse,
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- für die Operationsverstärker einen 4-fach OpAmp TL084 im DIP-14 Gehäuse, und
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- für die krummen Widerstandswerte 35,7kΩ und 374kΩ Reihenschaltungen
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von jeweils einem Festwiderstand und einem Potentiometer.
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Bei den Kondensatoren sind jeweils vier Werte 100pF, 1nF, 10nF und
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100nF verbaut, die mit einem Drehschalter mit 3 Polen und 4 Stellungen
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parallel umgeschaltet werden können. Dadurch kann die Geschwindigkeit
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pro Schritt um einen Faktor von 10 geändert werden, und insgesamt
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liegt dadurch ein Faktor von 1000 zwischen der langsamsten und der
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schnellsten Einstellung[^caps].
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[^caps]: Die schnellste Einstellung ist etwas zu schnell, es entstehen Artefakte.
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Außerdem ist die Abstufung mit dem Faktor 10 sehr grob,
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besser wäre vielleicht 1nF, 3,3nF, 10nF, 33nF.
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Zusätzlich gibt es ein Potentiometer, mit dem man eine Konstante zum x-Wert
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hinzuaddieren kann. Damit kann man den Attraktor etwas zu einer Seite verschieben,
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bei zu großen Werten kollabiert er aber dann in einen Punkt ("Klimawandel").
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Die Betriebsspannung ist 30V.
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Intern wird das als ±15V betrachtet, mit einer virtuellen Masse für 0V.
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Der eigentliche analoge Arbeitsbereich ist ±10V.
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In der Schaltungen sind die Drähte für x rot, für y grün und für z blau[^colors].
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Der vierte Operationsverstärker wird für die virtuelle Masse verwendet,
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das ist der mittige Draht zwischen den ICs auf der Unterseite.
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[^colors]: Aber nicht alle roten Drähte sind für x und nicht alle blauen für z.
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Rot und blau werden auch für die positive und negative
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Versorgungsspannung verwendet.
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Als Anzeige verwenden wir ein Tektronix 2213 Analog-Oszilloskop im XY-Modus.
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Am X-Eingang (Kanal 1) des Oszilloskops wird der x-Wert des Lorenz-Systems angeschlossen,
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am Y-Eingang (Kanal 2) der z-Wert.
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Dadurch ergibt sich dann die einem Schmetterling ähnliche Form des Attraktors.
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Kanal 1 (x) steht auf 0,5V pro Teilung, Kanal 2 (z) auf 1V pro Teilung
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(für 1x Probe).
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Weil die z-Werte positiv sind, muss die vertikale Position entsprechend
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angepasst werden.
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